Auswirkungen des EU Accessibility Act auf die Medienbranche
Im Juni 2025 treten in der EU strengere Gesetze zur Barrierefreiheit in Kraft, die unter dem Namen European Accessibility Act (EAA) bekannt sind. Diese neuen Vorschriften sollen den Zugang zu digitalen Produkten und Dienstleistungen verbessern. Sie betreffen sowohl öffentliche als auch private Unternehmen in der EU, denen bei Nichteinhaltung Geldbußen von bis zu 100.000 Euro drohen.
Der EAA konzentriert sich auf die Schaffung einheitlicher Barrierefreiheitsanforderungen, um den Zugang für Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Dies umfasst audiovisuelle Medien, E-Books, Telekommunikationsdienste und den elektronischen Geschäftsverkehr. Ziel ist es, Barrieren abzubauen, den grenzüberschreitenden Handel zu erleichtern und ein breiteres Angebot an barrierefreien Produkten und Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen bereitzustellen.
Das Potenzial von KI für die Barrierefreiheit
Eine der vielversprechendsten Technologien zur Unterstützung der Barrierefreiheit im Medienbereich ist die Künstliche Intelligenz (KI). Insbesondere in den Bereichen Transkription und Live-Transkription zeigt KI großes Potenzial. Diese Technologien ermöglichen die Erstellung von Untertiteln in Echtzeit und können somit gehörlose und schwerhörige Menschen unterstützen. Diese Funktionalität ist nicht auf audiovisuelle Werke beschränkt, sondern kann auch bei Veranstaltungen und Vorlesungen eingesetzt werden. KI reduziert die Kosten und den Aufwand für manuelle Transkription und Untertitelung erheblich.
Transkription und Live-Transkription
Produkte wie der Deep Live Hub wandeln gesprochene Sprache automatisch in Text um und schaffen so die Grundlage für Untertitel. Die Live-Transkription geht einen Schritt weiter und ermöglicht die Echtzeit-Untertitelung von gesprochenen Inhalten. Dies ist besonders nützlich für Live-Sendungen, Nachrichten und Sportübertragungen, bei denen Informationen sofort und präzise übermittelt werden müssen. Eine Studie der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle betont, dass die Einführung solcher Technologien entscheidend für die Erfüllung der Anforderungen der EAA ist.
Die Association of Commercial Television in Europe (ACT) betont, dass ein marktorientierter Ansatz am besten geeignet ist, um barrierefreie Dienste bereitzustellen, ohne die wirtschaftliche Tragfähigkeit zu gefährden. Laut ihrer Marktumfrage (Link zum PDF Dokument) bei Fernsehsendern in Europa liegen die durchschnittlichen Kosten für Untertitelung bei ca. 284,00 EUR pro Stunde, für Gebärdensprache bei 570,00 EUR und für Audiodeskription bei ca. 568,50 EUR pro Stunde. Unklar blieb, ob auch KI-basierte Dienste untersucht wurden. ACT betont, dass regulatorische Anforderungen nicht zu einer reinen „Tick-Box-Übung“ verkommen dürfen, sondern Innovation und die Entwicklung neuer barrierefreier Dienste fördern müssen, wie dies beispielsweise in Frankreich der Fall ist.
Zugänglichkeit betrifft nicht nur das Programm
Sie umfasst die Bereitstellung von Untertiteln und Audiodeskriptionen für audiovisuelle Inhalte sowie Gebärdensprachdolmetschen, um Gehörlosen und Hörgeschädigten den Zugang zu ermöglichen, geht aber noch viel weiter: Websites und mobile Anwendungen müssen den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) entsprechen, die unter anderem ALT-Texte für Bilder, strukturierte Inhalte und angemessene Kontraste vorsehen. Auch hier kann KI Abhilfe schaffen: ALT-Texte für Bilder können mit Deep Media Analyzer (Gesichtserkennung, Objekterkennung) und LLM mit Composite AI automatisiert werden.
Wissenstransfer in andere Branchen
Unsere KI-basierten Technologien können auch in anderen Bereichen wie Veranstaltungen oder im öffentlichen Dienst eingesetzt werden. Veranstaltungen können durch Echtzeit-Transkription und Untertitelung über den Deep Live Hub barrierefreier gestaltet werden, wozu wir kürzlich eine Customer Success Story veröffentlicht haben. Im öffentlichen Sektor können Informationen und Dienstleistungen durch KI-basierte Tools zugänglicher gemacht werden, was die Integration und Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger fördert. Oder beispielsweise Kommunikationsbarrieren am Telefon und im Kundensupport aktiv abbauen.
„When we design for disability first, you often stumble upon solutions that are better than those when we design for the norm
Elise Roy
Anwältin für Behindertenrechte Design-Denkerin
Aktueller Stand der Barrierefreiheit audiovisueller Inhalte
Einige Länder haben bereits vorbildliche Maßnahmen zur Barrierefreiheit ihrer Inhalte eingeführt. Dänemark und Schweden legen großen Wert auf hohe gesetzliche Standards und die kontinuierliche Verbesserung der Barrierefreiheit. Dänemark hat die Prinzipien des Universellen Designs in den Vertrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk integriert und bereits Sanktionen bei Verstößen gegen die Barrierefreiheitsanforderungen eingeführt. Schweden hat hohe Untertitelungsquoten und fördert aktiv die Verfügbarkeit von Audiodeskriptionen für seine Programme.
Im Gegensatz dazu haben einige Länder wie Luxemburg und Malta noch Nachholbedarf. In Luxemburg fehlt es an spezifischen Maßnahmen zur Barrierefreiheit und in Malta sind die Fortschritte bei der Umsetzung neuer Regelungen begrenzt. Insgesamt kann dem Mediensektor jedoch ein hohes Maß an Barrierefreiheit bescheinigt werden.
Fazit
„When we design for disability first, you often stumble upon solutions that are better than those when we design for the norm,“ sagt Elise Roy, Anwältin für Behindertenrechte und Design-Denkerin in ihrem TED Talk.
Der European Accessibility Act stellt sowohl eine große Herausforderung als auch eine Chance für die Medienbranche dar. Die ersten Schritte signalisieren einen positiven Trend, der sowohl Unternehmen als auch Verbrauchern zugutekommen wird. Eine rechtzeitige Umsetzung von Barrierefreiheitsmaßnahmen ist entscheidend und sollte von Anfang an in die Produktentwicklung integriert werden. Barrierefreiheit entwickelt sich von einem „Nice-to-have“ zu einem „Must-have“, ein Wandel, der nicht nur richtig, sondern auch entscheidend für die Integration ist. Durch die Nutzung von KI-gestützten Transkriptions- und Beschreibungsdiensten können Unternehmen nicht nur gesetzliche Anforderungen erfüllen, sondern auch ihre Reichweite und Inklusivität erhöhen.